Minister Hauk erteilte dem Abgesang auf die Fichte eine Absage
Im Sägewerk Mayer sprach eine Expertenrunde mit Minister Peter Hauk über "Zukunft. Mittelstand. Holz."
Neckarbischofsheim. "Ich glaub’, ich steh’ im Wald." So oder ähnlich fühlten sich die Teilnehmenden der Podiumsdiskussion im neuen Seminarraum des Sägewerks Mayer, die die ganze Schönheit eines sonnendurchfluteten Waldes erleben durften.
Die Experten schienen sich ihrer gemeinsamen Verantwortung für den Natur- und Artenschutz im Zusammenspiel mit Forst- und Holzwirtschaft sowie mit dem Wald als Naherholungsgebiet nicht nur beim Blick auf die stimmungsvolle Fototapete bewusst zu sein. Denn am Ende sei die nachhaltige Waldbewirtschaftung eine Herausforderung und zugleich eine Chance für Mensch, Natur und Klima, die man nur gemeinsam bewältigen könne, lautete ein Fazit.
Als Experten äußerten sich der studierte Forstwirt Peter Hauk, Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Landrat Stefan Dallinger, Prof. Dr. Hubert Speth von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mosbach sowie die Geschäftsführerin vom Bundesverband der Deutschen Säge- und Holzindustrie (DeSH), Julia Möbus, und Blanca Mayer von der gleichnamigen Sägewerk und Holzhandlung GmbH zum Themenkomplex "Zukunft. Mittelstand. Holz". Gemeinsam mit dem DeSH hatte Mayer zu der Podiumsdiskussion mit anschließender Werksführung eingeladen. Bürgermeister Thomas Seidelmann leitete als "Teilzeitmoderator" die rund 80-minütige Gesprächsrunde, zu der viele Gäste gekommen waren. Aufmerksam verfolgten diese die Themen Fachkräftegewinnung, ressourcenschonender Umgang, zukünftige Baumarten, Klimawandel oder Waldstrategien.
Zunächst berichtete Mayer von persönlichen Erfahrungen wie den drei Großbränden innerhalb von acht Jahren und welche Entscheidungen sie für das Unternehmen mit seinen 38 Mitarbeitern anschließend treffen musste. "Wir sind wichtig", sagte Mayer stellvertretend für viele mittelständische Sägewerke und holzverarbeitende Betriebe und verwies auf die Nähe zum Rohstoff Holz, den regionalen Ein- und Verkauf, auf das dadurch eingesparte CO2 oder auf die Verarbeitung spezieller Baumarten.
Minister Hauk erzählte zunächst von seinen Aufenthalten im Wald "zum Genießen und zum Arbeiten", denn ein Wald brauche Pflege. Er erteilte dem Abgesang auf die Fichte eine Absage. "Nadelholz wird immer benötigt." Dagegen meinte Speth, dass nach seinen Erfahrungen die Fichte "auf kurz oder lang" verschwinden wird, auch wenn Nadelholz ein wichtiger Rohstoff bleibe. Mehr Hybrid-Produkte müssten aber zukünftig entwickelt werden: "80 Prozent unseres Laubholzes geht direkt in den Ofen anstatt es in Gebäude einzubauen und das CO2 zu speichern", mahnte Speth. "Besser verbrennendes Holz als verbrennendes Öl", erwiderte darauf der Minister. Für ihn sei der Mix von Baumarten entscheidend.
Von einem "Druck auf den Wald" sprach Dallinger nicht nur wegen der Trockenheit, sondern auch in Bezug auf naturnahen Tourismus, der durchaus zu Spannungen mit der Holzindustrie führe. Respekt zollte Dallinger den vielen Menschen, "die in der Forstarbeit unterwegs sind". Für Möbus sei für die "Säger" der Klimawandel Chance und Herausforderung zugleich, denn sie müssten sich einerseits den neuen Rahmenbedingungen anpassen, haben aber andererseits mit Holz auch den nachwachsenden Rohstoff, "der bisher als einzige natürliche Lösung CO2 über seine ganze Lebensdauer binden kann".
Neben Informationen zur Zelluloseverwendung in Textilien oder in Carbonfasern urteilte Hauk auch über Flächenverschwendung. "Es geht halt nicht mehr alles", so sein Urteil über die Expansion, die immer zu Lasten von land- oder forstwirtschaftlichen Flächen gehen würde. Ein vermehrtes Bauen "in die Höhe" werde stattfinden, wobei er vorrangig für die kommunale Innenentwicklung plädierte.
Möbus ging auf verschiedene Aspekte wie Biodiversität und Artenschutz in Wechselwirkung mit der Holzwirtschaft ein, "die wir in Einklang bringen müssen". Speth lobte zwar die Spezialisierung von bestimmten Holzarten bei mittelständischen Sägewerken, aber deren 20.000 Festmeter im Jahr seien gegenüber den "Millionen-Playern" kaum abbildbar. "Fast alle großen Sägewerke sind auf Nadelholz spezialisiert und können nicht einfach mal, wie hier bei Mayer, eine Weymouthskiefer dazwischen reinschieben", meinte der Minister. Aber gerade dieses passgenaue und kundengenaue Angebot sei die Chance für den Mittelstand.
Einig war sich die Runde, dass man den Wald sich nicht selbst überlassen könne. "Es gibt schützenswerte Flächen und solche, die bewirtschaftet werden müssen", sagte Speth. In Baden-Württemberg gibt es laut Hauk die "naturnahesten Wälder", die alle bewirtschaftet würden und somit Artenschutz und Biodiversität garantierten. "Mit Brache wird nichts besser." Für Möbus ist die aktive Pflege und Bewirtschaftung eine Voraussetzung für zukünftige klimastarke Mischwälder. Nach Aussagen über die fehlende Attraktivität an Handwerksberufen und einer Abwägung zwischen "sexy Forstwirtschaft" und einer eher unattraktiven Holzwirtschaft appellierten alle an die Unternehmen, sich aktiv um Mitarbeiter oder Auszubildende zu bemühen. Und beim Ausblick auf das Jahr 2050 zeigte sich warum, denn laut Hauk werde es auch dann noch "Wälder und Sägewerke geben, denn wir brauchen beides". Genauso wie den "wertschätzenden Umgang mit dem Wald und miteinander", das war der Wunsch Dallingers.