Neckarbischofsheimer Gedenkstein soll ein Mahnmal sein

Würdevolle Feier zum Gedenken an eines der dunkelsten Kapitel der jüngeren deutschen Geschichte
Gedenkfeier Mahnmal
Zahlreiche Menschen versammelten sich am Platz der ehemaligen Synagoge, als das Mahnmal zur Deportation der Juden aufgestellt wurde.
 
Neckarbischofsheim. In einer würdevollen Feier wurde am Platz der ehemaligen Synagoge in der Schulgasse in Neckarbischofsheim am vergangenen Montagabend an eines der dunkelsten Kapitel der jüngeren deutschen Geschichte erinnert: die Reichspogromnacht vom 09. November 1938. Im Rahmen der jährlichen Feierstunde, die vor 35 Jahren der Verein für Heimatpflege ins Leben rief und in enger Zusammenarbeit mit dem SPD-Ortsverein und den beiden Pfarrämtern abhielt, wurde der Gedenkstein, der an die Deportation der Juden erinnert und von elf Schülerinnen und Schüler des Adolf-Schmitthenner-Gymnasiums (Joachim Weschbach, Christian Rumig, Stefan Strobel, Tristan Neininger, Daniel Green, Stefan Biebl, Anne-Sophie Huber, Sarah Beraus, Christina Hertje, Marina Wenzl und Sophie Nobest) erschaffen wurde, aufgestellt.
 
Seit dem vergangenen Schuljahr hat sich die Schülergruppe mit ihren Religionslehrern dem ökumenischen „Mahnmal-Projekt“ der Erzdiözese Freiburg und der Evangelischen Landeskirche Baden verschrieben. An einem zentralen Mahnmal in Neckarzimmern sollen Gedenksteine aus allen 137 badischen Gemeinden aufgestellt werden. Diese sollen an den 22. Oktober 1940 erinnern, an dem mehr als 5.600 jüdische Männer, Frauen und Kinder aus 137 badischen Gemeinden ins Lager „Gurs“ in den Pyrenäen abtransportiert wurden.
 
Zwei identische Gedenksteine wurden von den Schülern der Klasse 11 zusammen mit Schuldekan Wolfgang Meuret und Bildhauer Franke entworfen und gestaltet. Einer davon wurde am 18. Oktober bereits an der zentralen Gedenkstätte in Neckarzimmern aufgestellt. Der zweite steht seit Montagabend in Neckarbischofsheim. „Der Stein ist ein Mahnmal“, stellte Bürgermeister Hans-Joachim Vogt in seiner Ansprache fest. „Jedes Mal, wenn wir an ihm vorbeigehen muss er uns ermahnen, dass sich die Ereignisse vom 9. November 1938 bzw. 20. Oktober 1940 nicht mehr wiederholen dürfen. Wir müssen aufmerksam sein und kritisch beobachten, was um uns herum geschieht. Keine Gruppenzugehörigkeit darf soweit gehen, dass es zu Gewalt an Mitmenschen kommt“, so der Stadtchef weiter.
 
Schulleiter Wolfgang Schmidt stellte heraus, dass die Arbeit zur Erstellung des Gedenksteins die Schüler und Lehrer freiwillig auf sich genommen haben. „Es war eine zeitaufwändige, es war eine vielseitige Arbeit“, so Schmidt. Zum einen beschäftigten sich die Jugendlichen mit der Deportation der Juden und vertieften sich sowohl in die deutsche Geschichte dieser Zeit als auch in die Einzelschicksale der Opfer aus Neckarbischofsheim. Es wurden aber auch noch ganz andere Seiten bei den Schülern angesprochen: Der Stein musste zunächst vor dem inneren Auge entstehen und entworfen werden.
 
Ein besonderes Lob hatte Schmidt für seine Schüler: „Wenn sich junge Menschen über sechs Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, wie hier geschehen, aus eigenem Antrieb dieser Geschichte stellen, dann ist der Gedenkstein nicht nur das Ergebnis eines Blicks zurück in die Vergangenheit, sondern in der Unvoreingenommenheit und der Offenheit, mit der die Schüler zu Werke gegangen sind und die bei ihnen durchaus auch Betroffenheit zuließ, für die Zukunft ein hoffnungsvolles Zeichen.
 
Der Vorsitzende des Vereins für Heimatpflege, Peter Beisel, brachte fünf Gedankensplitter ein, unter anderem eine Begegnung als Sextaner im Religionsunterricht bei dem der Lehrer mit hartem Klang auf seine Weisheit aus dem Elternhaus: „Ein Anzeichen für das nahe Ende der Welt ist, dass alle Juden wieder nach Palästina zurückkehren werden“, sagte: „Nach diesem Krieg gibt es keine Juden mehr!“
 
Musikalisch umrahmt wurde die Gedenkfeier von vier Schülerinnen (Eva-Maria Walther, Theresa Vogt, Katharina Rettig, Anne Mülleder) mit Flöten, Geige und Gitarre. Die Schüler der Klasse 11 erläuterten ebenfalls, weshalb sie sich der Thematik annahmen und schilderten den Werdegang der beiden Gedenksteine. Außerdem ließen sie den 9. auf 10. November 1938 mit verschiedenen Aufzeichnungen von Zeitzeugen Revue passieren. Pfarrer Daniel Meißner von der Evangelischen Kirchengemeinde sprach ein Gebet und Pfarrer Joachim Pieler von der Katholischen Kirchengemeinde sang mit den Anwesenden das jüdische Lied „Hevenu Schalom Alejchem“. Zum Abschluss der Feier wurden für jeden der elf jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger die aus Neckarbischofsheim verschleppt wurden eine Kerze angezündet.
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