Sommermärchen im Steinhauerdorf


Festumzug Ugi 2009
Untergimpern. Die Jubeltage sind vorbei, doch sie wirken nach. Der Kirchturm ist noch immer beflaggt. Vorsichtig streichelt der laue Sommerwind die vier gelb-weißen Fahnen, als handele es sich um einen wehenden Nachlass mit besonders wertvollen Erinnerungen. Der Schein trügt nicht. Bei seiner 650-Jahrfeier hat der Neckarbischofsheimer Stadtteil Untergimpern vom 14. bis 16. August zweifellos außergewöhnliche Tage erlebt. Da hat ein kleines Dorf nicht einfach nur ein großes Fest gefeiert. Viel mehr: Es war im Wortsinn ein berauschendes Ereignis, das unvergesslich bleiben wird für alle, die dabei waren.
 
Am südlichen Zipfel des Rhein-Neckar-Kreises spielte sich ein Sommermärchen ganz eigener Prägung ab. Kaiserwetter an allen drei Tagen, ein riesiges und doch wohl dosiertes Programm, gutgelaunte Menschen auf der Partymeile zwischen dem Festzelt im Hof der alten Schule bis zum Dorfzentrum, wo die Ausstellung „Altes Handwerk“ mehr als ein Dutzend traditioneller Berufe greifbar machte. Hunderte von Interessierten beobachteten, wie Friseure und Feuerwehrleute, Hut- und Puppenmacher, Schmiede und Steinmetze, Küfer und Korbmacher, Imker und Tabakanbauer und viele andere früher arbeiteten. Auch eine Münzprägemaschine und eine Mostpresse waren in Betrieb. Wie dem Pfarrer bei einer Prozession folgten lange Menschenschlangen dem Einheimischen Karl-Heinz Jakoby bei den historischen Rundgängen durchs Dorf. Unzählige Male hieß es „Ist das nicht?“ und „Weißt du noch?“ bei der Fotoausstellung „Untergimpern – anno dazumal“. Keine Frage: So viele Aktionen und Attraktionen hatte das 538 Einwohner zählende Dorf noch nie zu bieten.
 
Wie eine Initialzündung wirkt im Rückblick das grandios von Jochen Münch moderierte Festbankett am Freitag, das eine ganz besondere Atmosphäre erzeugte. Weil es der Würde eines Jubiläums gerecht wurde, zugleich aber den Charme bester Unterhaltung und Humor auf hohem Niveau besaß. Selbst in den mürrischen Gesichtern, die jede Gemeinde ertragen muss, war während der Dorf-Festtage ein Anflug von Heiterkeit zu sehen – oder wenigstens zu erahnen. Allerspätestens dann, als die von Peter Mühlburger komponierte und getextete Dorf-Hymne „Wir sind die Untergimpner Bürgersleut“ erklang, vorgetragen vom eigens zum Jubiläum reaktivierten Männergesangverein Concordia. An allen drei Festtagen intonierten die stimmkräftigen Sänger den Heimatschlager als musikalisches Finale auf der Bühne.
 
Einen Rekord für die Ewigkeit gab es am Sonntag: Zum Festumzug bevölkerten mehr als 1500 Menschen den Ort. So viele Leute auf einmal haben sich noch nie in Untergimpern aufgehalten. Allein 30 Gruppen zogen durch die Straßen des einstigen Steinhauerdorfs, angekündigt von Moderator Volker Münch und angeführt von Ortsbüttel Peter Mühlburger und Dorfgendarm Thorsten Wink. An der Spitze dahinter thronte auf dem ersten Wagen das Führungspersonal der geistlichen und weltlichen Sphäre: Neben dem katholischen Pfarrer Peter Malejka saßen Bürgermeister Hans-Joachim Vogt und sein Vorvorgänger Günter Burkhardt. Es folgten acht einheimische Gruppen und ebenso viele Vereine aus Neckarbischofsheim und Helmhof, auch der Nachbarort Obergimpern war durch eine Abordnung seiner Vereine zu Fuß und durch den Motorradclub auf heißen Öfen vertreten.
 
Außerdem wirkten Musiker aus Ehrstädt, Hasselbach, Grombach und Bad Rappenau mit, weitere Gruppen aus Treschklingen und sogar aus Allfeld bereicherten den prächtig bunten Zug durchs Dorf. Menschen in eleganten Kostümen aus vergangenen Zeiten, traditionelle Handwerker und technische Geräte gaben dem Schaulaufen eine besondere historische Note.  Der Festumzug war lang, laut, lustig – und ein Höhe- aber nicht der Schlusspunkt der Feiertage in Untergimpern.
 
So schwammen später mehrere hundert Plastikenten im Krebsbach um den Sieg. Auf die richtigen Startnummern hatten unter anderen Annerose Hilbert (1. Preis: Trike-Tagesausfahrt), Simon Herkle (2. Preis: Ausflug zur Insel Mainau) und Stefanie Hausruckinger (3. Preis: PC-Flachbildschirm) gesetzt. Für gute Töne und Melodien an allen drei Festtagen sorgten der Musikverein Neckarbischofsheim (Freitag), die Guggenbach Buam (Samstag) sowie die Schloßbergmusikanten Grombach und das Ehepaar Löffler (Sonntag).
 
Die Untergimperner sind im Feste organisieren und Feste feiern ausgesprochen erfahren. Da kommt leicht ein Dutzend Veranstaltungen übers Jahr zusammen. Doch ein solches Mammutprogramm wie bei den 650-Jahre-Feierlichkeiten hatte sich die Dorfgemeinschaft bislang noch nicht zugemutet. Stadt, Vereine und engagierte Bürger sind gemeinsam marschiert, ohne sich von Einzelinteressen aufhalten zu lassen. Und siehe da, der alte Aristoteles behielt mal wieder Recht: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.
 
Dazu braucht es aber viele, viele Helfer, die sich uneigennützig und belastbar einbringen. Nicht nur im gleißenden Licht auf der Bühne, sondern auch beim Pommesbraten an der Friteuse. Nicht nur beim offiziellen Händeschütteln, sondern auch beim unbeobachteten Gläserspülen, Geldzählen und Grillwursteinkaufen. So wäre Aristoteles hinzuzufügen: Nur wenn sich jeder Einzelne bewegt, kommt das Ganze in Schwung. Dieses Fazit wird das Festkomitee bei seiner Nachlese zur Jubiläumsfeier sicher ziehen – und vielleicht verständigt es sich ja gleich auf die nächste große Herausforderung. „666 Jahre Untergimpern“ im Jahr 2025 klingt verheißungsvoll. Statt wie dieses Mal zwei Jahre hätten die Organisatoren dann 16 Jahre Zeit zur Vorbereitung.
 
Nach so viel Schauen und Staunen, nach so viel Anstrengung und so wenig Schlaf zog am späten Sonntag der Dorfabend mit einem witzigen Wettbewerb der Vereine noch mal viel Publikum ins Festzelt. Vertreter der SG Untergimpern (Karl Schneider, Andreas Rödler), des Bürgervereins/Obst- und Gartenbauvereins (Ursula Kappes, Walter Fritsch), der Stadt (Bäürgermeister Hans-Joachim Vogt) und des Gemeinderats (Steffen Scherb), der Kirchen (Pfarrer Peter Malejka, Pfarrgemeinderätin Anneliese Scherb) sowie der Freiwilligen Feuerwehr (Marco Hohrein, Ralf Herzig) übten sich im Bierkrugstemmen, Torwandschießen, Kuhmelken, Dorfquiz und Publikumsraten.
 
Sieger nach Punkten wurde die SGU, den größten Applaus erntete das ökumenische Duo Malejka/Scherb als „Meister der Herzen“ – aber so fühlten sich an den Jubiläumstagen irgendwie alle.

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