Die Landärzte sehen bald kein Land mehr

Der medizinische Nachwuchs fehlt: Auch Dr. Manfred Jacobs wird seine Praxis im Juli schließen - "Mehr mitgeben als ein Stück Papier" - Aus der Rhein-Neckar-Zeitung vom Montag, 12. April 2010 - Von Christiane Barth
Dr.Jacobs
So sieht einLandarzt aus: Dr. Manfred Jacobs gibt im Juli seine Kassenzulassung ab. Einen Nachfolger hat er nicht. Die Landärzte haben massive Nachwuchssorgen. Bild: Barth
Neckarbischofsheim. "Gott gab uns die Zeit - von Eile hat er nichts gesagt": Diese Worte empfangen die Patienten, wenn sie die Praxis von Dr. Manfred Jacobs betreten. Hier in der Turmstraße ticken die Uhren noch ein wenig anders, etwas gemütlicher nämlich. Doch bald wird die beliebte Anlaufstelle vieler Ratsuchender in Neckarbischofsheim für immer geschlossen bleiben. Denn der Facharzt für Allgemeinmedizin und Geburtshilfe gibt am 1. Juli seine Kassenzulassung ab und hat keinen Nachfolger für seine Praxis.
Doch nicht nur in Neckarbischofsheim krankt es im Gesundheitswesen: Die Landärzte haben massive Nachwuchssorgen. Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler will sich jetzt offenbar dafür einsetzen, den Ärztemangel auf dem Land zu beheben. Die Einführung einer Landarztquote und die Abschaffung des Numerus clausus sind zwei seiner Vorschläge. Die Niederlassung im ländlichen Raum soll damit attraktiver werden. Denn in vielen ländlichen Regionen Deutschlands sind zu wenige Mediziner angesiedelt. Die Statistiken täuschen da: 390 Ärztinnen und Ärzten stehen je 100 000 Einwohnern zur Verfügung. Aber im ländlichen Raum fehlt es eben.
Auch Dr. Jacobs hat mit dem Wandel zu kämpfen. Seinen Beruf nimmt er sehr ernst. Er will sich Zeit nehmen für seine Patienten: "Ein Arzt ist auch jemand, der Mut macht, der hilft, über die Klippen zu kommen". Und manchmal muss er auch ein Seelsorger sein. Als Mensch will er da sein für seine Patienten. "Sonst ist der Erfolg als ,Heiler' gefährdet, wenn man da nicht mehr mitgeben kann als ein Stück Papier", meint Manfred Jacobs. Seit 31 Jahren praktiziert der 65-Jährige nun schon in Neckarbischofsheim.
Einschneidende Veränderungen hat die Politik aufgebracht, berichtet der Mediziner aus seiner Erfahrung. "Es kann doch nicht sein, dass die Krankenkassen sagen, wie ein Patient behandelt werden muss. " Mit dem Billigsten sollen die Leute gesund gemacht werden, klagt er. Dies sei nichts anderes als Schönfärberei. Außerdem: "Das Geschäft basiert doch auf Vertrauen". Früher, meint er, seien die Krankenkassen der Ärzte Freund gewesen, heute sei das längst nicht mehr so.
Zwangsfortbildungen wollte Dr. Manfred Jacobs nicht immer besuchen – und musste zwangsläufig Honorarkürzungen in Kauf nehmen. "Der Wind der Zeit bläst einem ins Gesicht", kritisiert er die Entwicklung. Als gelernter Gynäkologe hat er etwa 700 Kinder zur Welt gebracht. Aber die Hausgeburten werden immer seltener. Die Haftpflichtversicherung ist außerdem sehr teuer: "Da steht man doch mit einem Fuß vor dem Kadi", so Jacobs. Heute seien Hausgeburten außerdem längst nicht mehr zeitgemäß beim Streben nach absoluter Sicherheit.
Dr. Jacobs war vor seinem Arztberuf Soldat. Was heute in den Geschichtsbüchern steht, hat er miterlebt und mitgestaltet: den Prager Frühling. Damals und heute ist er ein sehr gewissenhafter Mensch und will seine Arbeit gut machen. Immer noch nimmt er sich genügend Zeit für die Kranken und die Gesunden. Etwa 1500 Patienten suchen im Vierteljahr seine Praxis auf.
Das ist viel für diese Größenordnung im Rhein-Neckar-Kreis. Die Menschen scheinen ihn gut zu kennen und zu wissen, dass sie von ihm den fachärztlichen Rat gepaart mit der menschlichen Aufmerksamkeit erwarten dürfen. Gewinnmaximierung war nie sein Bestreben. "Trotzdem braucht man doch eine gesunde Basis zum Leben", so Dr. Manfred Jacobs. Und gerade die scheint den Landärzten gerade wegzubröckeln.

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